Co-Creation meint in erster Linie die Zusammenarbeit von Unternehmen mit der Crowd, das heißt bestehenden und potenziellen Kunden. Die genaue Ausgestaltung dieser Zusammenarbeit ist höchst individuell und hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Welches Produkt vermarktet das Unternehmen? Hat es einen bestehenden Kundenstamm oder ist es neu auf dem Markt? Welche Expertise ist in Zusammenhang mit dem Produkt notwendig? Wie breit oder wie nischig ist die Zielgruppe? Gibt es branchenspezifische Besonderheiten, wie zum Beispiel Technologien, die einem Geheimhaltungsgebot unterliegen? Welche Ressourcen stehen dem Unternehmen zur Verfügung?
Aus diesen Gegebenheiten können sehr unterschiedliche Formen der Kollaboration mit der Crowd entstehen. Im Folgenden sollen einige Formate beispielhaft beleuchtet und mit einem Anwendungsfall aus der Praxis veranschaulicht werden.
Die “Erste Bank” wünscht sich interaktive Diskussionen, ehrliches Feedback und kreative Ideen für die Projekte der Zukunft. Die Tonalität im Umgang mit der Crowd macht einen lockeren und authentischen Eindruck. Die Mitglieder werden geduzt. Die Initiatoren des „s Lab“ stellen Projekte ausführlich vor und geben Auskunft über jeden Schritt ihres Vorgehens. So beschreiben sie beispielsweise, welchen Erkenntnisgewinn sie sich erhoffen, wie sie vorgehen und teilen auch die Ergebnisse mit der Crowd.
Ein gutes Beispiel für die Mischung digitaler und analoger Formen der Co-Creation ist ein Innovationsprozess zum Thema Mobiles Bezahlen, den das „s Lab“ 2013 durchführte. Zunächst sammelte das „s Lab“ Ideen über ihre Co-Creation-Plattform. Diese Ideen wurden gesichtet. Anschließend erhielten ausgewählte Crowd-Mitglieder eine Einladung zu einem analogen Co-Creation-Workshop. Im Rahmen dieses Workshops wurden in einer ersten Runde Ideen rund um das Thema Mobiles Bezahlen und Handy als Bankkarte gesammelt, die einen Mehrwert für Kunden schaffen würden. Dann stellten die Teilnehmer ihre Ideen im Plenum vor, diskutierten und evaluierten sie. Mit diesem Feedback verfeinerten sie in einer zweiten Runde ihre Ideen, passten sie an und bereiteten sie als Mock-ups auf. Im Anschluss an den Workshop wurden die entstandenen Mock-ups wieder online der Crowd zugänglich gemacht. Alle Mitglieder konnten Feedback geben und für die beste Idee abstimmen.
Das „s Lab“ berichtete, dass im Workshop Menschen mit sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten, Talenten und Erfahrungen zusammenkamen, die sich teilweise schon aus dem digitalen Forum kannten. Das Ziel, ein zukunftsweisendes Produkt mit einem konkreten Mehrwert zu schaffen, habe sie vereint.
Das angeführte Beispiel verdeutlicht, wie vielfältig Co-Creation in der Praxis ausgestaltet werden kann. Dem „s Lab“ gelingt es, die eher spröden Themen rund um Finanzen spannend aufzubereiten und die Crowd proaktiv einzubinden. Dass die Co-Creation-Plattform an ein alteingesessenes großes Unternehmen, eine Bank, angeschlossen ist, scheint dem Innovationsprozess keinen Abbruch zu tun.
Co-Creation bietet Methoden, die auf den individuellen Use Case zugeschnitten werden können: ob klassische Bank, modernes Sportbekleidungsunternehmen, junges Start-up oder engagierte Nichtregierungsorganisation. Je nach Voraussetzungen, Zielen und Ressourcen kann die Crowd auf unterschiedliche Weise in Produktentwicklungsprozesse eingebunden werden. Welche Potenziale und Herausforderungen die Co-Creation mit sich bringt, wird im folgenden Kapitel untersucht.